Im Sommer 2021 erfuhr zunächst die Vorsitzende, etwas später das gesamte Presbyterium,  dass ein hauptamtlicher Jugendmitarbeiter, der in der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde eingesetzt war,  der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung von Jugendlichen verdächtigt wird.

Die Meldung darüber war über die FUVSS (Fachstelle für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung in Kirche und Diakonie) eingegangen. Weil die Jugendmitarbeitenden in Bielefeld nicht direkt in den Gemeinden angestellt sind, sondern beim Kirchenkreis, meldete die FUVSS den Verdacht dem Superintendenten des Kirchenkreises. Der Superintendent handelte unverzüglich und berief ein Interventionsteam. Da der Verdacht nicht ausgeräumt werden konnte, wurde der Beschuldigte unverzüglich vom Dienst freigestellt. Der Kirchenkreis stellte Strafanzeige gegen den Beschuldigten. Der musste die Schlüssel abgeben und durfte das Gemeindehaus nicht mehr betreten. In weiteren Gesprächen mit Betroffenen, mit dem Beschuldigten, mit damals in der Jugendarbeit Tätigen verhärtete sich das Bild von grenzverletzendem Verhalten. Das Arbeitsverhältnis wurde beendet. Personen, die in der Gemeinde die Jugendarbeit mitgestaltet und verantwortet haben, wurden aus der Verantwortung genommen, ebenso das Jugendkuratorium.

Die Presse wurde informiert, dass es einen Verdacht gegen einen Mitarbeiter der Evangelischen Jugend in Bielefeld gebe. Der Name der Gemeinde wurde im August 2021 nicht genannt. Die Gemeindeleitung war auf Verschwiegenheit verpflichtet, um das juristische Verfahren nicht zu gefährden.

Was zunächst richtig erschien, erwies sich im Laufe der folgenden Monate als große Belastung für die Gemeinde, vor allem aber für die Betroffenen. Es entstand der Eindruck, die Kirche wolle die Vorwürfe unter den Teppich kehren. Es entstand der Eindruck, als würden wir den Betroffenen nicht glauben. Einige von ihnen schlossen sich zusammen und meldeten sich in einem Offenen Brief zu Wort. Sie forderten Transparenz, Prävention und Bitte um Verzeihen.

Im Dezember 2022 kam es zu einem ersten Gespräch zwischen ehemaligen Jugendlichen und Superintendent und Gemeindepfarrerinnen. Im Januar 2023 informierten wir erneut die Presse, gaben den Namen der Gemeinde bekannt und luden die Gemeinde zu einem Gemeindegespräch ins Dietrich-Bonhoeffer-Zentrum ein. In den folgenden Wochen und Monaten gab es verschiedene Gesprächsforen mit ehemaligen Jugendliche, mit deren Eltern, mit (ehemaligen) Verantwortungstragenden in der Jugendarbeit. Seitdem sind wir in regelmäßigem Austausch mit einer Gruppe von Betroffenen.

Die Kinder- und Jugendarbeit in unserer Gemeinde ist aufgrund der Übergriffe zunächst abgebrochen. Nach der Neubesetzung der Stelle wurde sie von den Mitarbeiterinnen umsichtig und aufmerksam neu aufgebaut.

Ebenso arbeiten wir an einem Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt. In der Risiko- und Potentialanalyse wurden Räume, Personalverantwortlichkeiten, Konzepte, Zugänglichkeit von Informationen untersucht. So konnten wir verletzliche Stellen in der Gemeinde und in einzelnen Angeboten entdecken und Maßnahmen ergreifen, um das Risiko zu minimieren. Es gibt Ansprechpersonen und überall Hinweise auf deren Erreichbarkeit. Alle haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in leitender Funktion sind geschult und sensibilisiert zum Schutz vor und dem Umgang mit sexualisierter Gewalt.

Die Prozesse in Gemeinde und Kirchenkreis wurden begleitet und moderiert von kirchlichen wie externen Fachleuten. Besonders zu nennen ist hier Michael Drogand-Strud von Mannigfaltig in Minden-Lübbecke, einer Beratungsstelle gegen sexualisierte Gewalt an Jungen und jungen Männern.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.

Spätestens nach Abschluss des Verfahrens wird ein kirchlich unabhängiges Institut untersuchen, wie die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung in der Ev Jugend Bielefeld / Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde möglich war und wie Aufdeckung und Aufarbeitung erfolgt sind.

Jugendliche in unserer Gemeinde wurden nicht ausreichend geschützt. Sie konnten pädagogisches Fehlverhalten, Grenzverschiebungen und Machtmissbrauch nicht durchschauen. Sie hätten Unterstützung gebraucht, sie hätten geschützt werden müssen. Und sie hätten in der Aufarbeitung früher und eindeutiger hören müssen, dass wir ihnen glauben. Für all das bitten wir um Verzeihung.

 

Gez. Nora Göbel, Karla Wessel

 

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